Bierwisch & Kistler

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Familienrecht ist eine lebendige Materie

Verstanden werden hierunter alle Rechtsverhältnisse der Familienmitglieder als solche untereinander als auch die Beziehungen der Familie oder ihrer Mitglieder nach außen. Neben den klassischen Themen wie z.B. Eheschließung/Ehe/Ehescheidung oder Unterhalt gehören hierzu somit auch Problematiken aus dem sozial- oder steuerrechtlichen Bereich.

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Elternstreit bei Kinderimpfung

Jörg Bierwisch 09.08.2017
Familienrecht >>

Zwar hat der Elternteil, bei dem sich das gemeinsame Kind aufhält, in Angelegenheiten des täglichen Lebens die Befugnis zur alleinigen Entscheidung (§ 1687 Abs. 1 BGB), hierzu gehören jedoch nicht eventuelle Impfungen des Kindes. Diese Impfungen sind Angelegenheit von besonderer Bedeutung und bedürfen die Zustimmung beider sorgeberechtigter Eltern. Können sich die Eltern nicht einigen, kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen (§ 1628 BGB).

Im zugrunde liegenden Fall waren die beiden gemeinsam sorgeberechtigten Eltern uneinig über die Notwendigkeit von Schutzimpfungen für ihre 2012 geborene Tochter. Der Vater befürwortet die Durchführung der altersentsprechenden Schutzimpfungen, die durch die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) empfohlen werden. Die Mutter, bei der die Tochter lebt, war wegen möglicher Impfrisiken und Befürchtungen einer „unheilvollen Lobbyarbeit von Pharmaindustrie und der Ärzteschaft“ gegen Schutzimpfungen.

Das Amtsgericht hat das Entscheidungsrecht über die Durchführungen von Impfungen der Tochter auf den Vater übertragen. In 2. Instanz hat das Oberlandesgericht (OLG) diese Entscheidung dem Grunde nach bestätigt, jedoch auf Schutzimpfungen gegen Tetanus, Diphterie, Pertussis, Pneumokokken, Rotaviren, Meningokokken C, Masern, Mumps und Röteln beschränkt.

Diese Entscheidung hat der BGH nun bestätigt. Die Entscheidungskompetenz über die aufgezählten Impfungen der Tochter wurde dem Vater mit Recht übertragen, da dieser besser geeignet ist, über die Durchführung dieser Impfungen zu entscheiden. Dies, da der Vater seine Haltung an den Empfehlungen der STIKO orientiert. Die Impfempfehlungen der STIKO sind vom BGH als medizinischer Standard anerkannt worden. Da andererseits keine besonderen Impfrisiken bei der Tochter vorgetragen wurden, konnte auf die Empfehlungen der STIKO als vorhandene wissenschaftliche Erkenntnisse zurückgegriffen werden. Ein gesondertes Sachverständigengutachten über allgemeine Impfrisiken war damit entbehrlich.

(Beschluss des BGH vom 3. Mai 2017, XII ZB 157/16)

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